Solidarität mit unserem Kommilitonen!
S t e l l u n g n a h m e
Am kommenden Dienstag droht einem unserer Kommilitonen und seiner Familie die Zwangsräumung.
Die vierköpfige Familie, von der nur unser Kommilitone die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, während der Rest der Familie geduldet ist, lebt seit 14 Jahren in ihrer Wohnung in Hamburg. Aufgrund des nach wie vor unsicheren rechtlichen Status der Familie wohnen die vier in einer Unterkunft von „Fördern und Wohnen“, die in Hamburg etliche Aufnahmeeinrichtungen und Wohnunterkünfte für Geflüchtete betreiben.
Nun hat „Fördern und Wohnen“ aufgrund von internen Verteilungsmechanismen aber entschieden, dass die Familie die Wohnung verlassen und in eine andere Unterkunft ans andere Ende der Stadt ziehen soll. Dies führt für die Familie zu außergewöhnlich hohen Belastungen. Die Familie lebt seit 14 Jahren in ihrer Wohnung, hat sich dort ihr soziales Umfeld aufgebaut; die Schule des Kindes ist nicht weit entfernt. Von der neuen Unterkunft aus beträgt der Schulweg hingegen über eine Stunde. Daneben muss der Vater mit einer schweren Krankheit umgehen. Ein Umzug zum jetzigen Zeitpunkt ohne Perspektive für eine längerfristige und für alle Beteiligten tragbare Lösung ist hingegen unzumutbar.
Die Familie ist nicht gewillt sich der Aufforderung des Auszuges zu widersetzen. Jedoch braucht die Familie mehr Zeit, um eine adäquate neue Wohnung zu finden und den Umzug zu organisieren. Die Androhung der Zwangsvollstreckung liegt trotzdem im Briefkasten.
Zwangsräumungen wie diese sind kein Einzelfall, sondern Ergebnis von staatlicher Mangelverwaltung und privatem Leerstand zu Spekulationszwecken.
Die Geschichte steht auch exemplarisch für den Umgang mit Geflüchteten in unserer Gesellschaft.
In erster Linie werden Geflüchtete nicht als gleichwertige Menschen wahrgenommen, nicht als lebendige Persönlichkeiten, die als vielfältige Charaktere die Gesellschaft mitgestalten können und wollen, sondern objektiviert als hilfsbedürftig, als Bürde und Last. Dies drückt sich auch darin aus, dass ihre Unterbringung über ihren Köpfen hinweg entschieden und organisiert wird.
Solange es immer noch Leerstand in der Stadt gibt und einige wenige in riesigen Anwesen wohnen dürfen, gibt es keine Berechtigung geflüchtete Familien von einer prekären Situation in die nächste zwangsumzusiedeln, während ihnen gleichzeitig der Zugang als gleichwertige Mitglieder dieser Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten versagt wird.
Demgegenüber müssen wir einen Resonanzraum zu schaffen, in dem geflüchtete Menschen Respekt und Anerkennung erfahren.
Dabei liegt es an uns eine Vision für eine gerechtere Gesellschaft zu formulieren, uns für Veränderung einzusetzen – für die Würde der überlebenden Menschen, die bei uns tagtäglich neu ankommen. All dies heißt für uns: Solidarität.
In diesem Sinne sprechen wir uns vorliegend als FSR Jura für eine einvernehmliche Verhandlung auf Augenhöhe zwischen „Fördern und Wohnen“ und der Familie aus. Wir halten die angesetzten Zwangsmaßnahmen durch „Fördern und Wohnen“ für nicht tragbar, sondern fordern eine längere Übergangsfrist um einen menschenwürdigen Umzug zu ermöglichen. Um die Situation auch für alle anderen Betroffenen maßgeblich zu verbessern, möchten wir nur einmal auf Art. 14 Abs. 2 GG verweisen.
Stellungnahme FSR Rechtswissenschaft _Solidarität mit unserem Kommilitonen!_ – Zwangsräumung verhindern, 24.11.2016