EUropefication – Friedensprojekt oder Kapitalismus ohne Demokratie?

Flyer EU Front

EUropefication – Friedensprojekt oder Kapitalismus ohne Demokratie?

Spätestens durch das Brexit-Referendum 2016 wurde klar: Anti-EU-Positionen sind mehrheitsfähig. Schon die gescheiterten Referenden über die EU-Verfassung in mehreren Mitgliedsstaaten deuteten in diese Richtung und bei Wahlen erreichten 2017 EU-kritische Parteien in den Niederlanden, Frankreich, Österreich und Deutschland durchweg zweistellige Ergebnisse. Grund genug, sich mit dieser Europaskepsis näher zu beschäftigen.
Medial präsent sind weit überwiegend Parteien und Personen aus dem konservativen und rechtspopulistischen Lager. Le Pen, Farrage, Wilders und Petry setzten im Wahlkampf auf Klischees von faulen Menschen in den südlichen EU-Ländern, die von den wirtschaftlich starken Nordländern leben würden, dem Versprechen einer restriktiveren Wirtschaftsmigration aus anderen (insb. osteuropäischen) EU-Staaten und eine Anti-Establishment-Rhetorik gegen „Brüssel“.

Die EU erscheint nicht zuletzt aufgrund dieser Ablehnung durch reaktionäre Kritik als ein progressives Projekt: Ein weltoffenes, freiheitliches Bündnis, das für Werte wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit steht und den Friedensnobelpreis mehr als verdient hat. Eine Fortentwicklung hin zu den „Vereinigten Staaten von Europa“, die die Nationalstaaten überwinden würden, wird vielfach als logische und erstrebenswerte Konsequenz des europäischen Einigungsprozesses gesehen.
Übersehen werden im öffentlichen Diskurs aber die Stimmen, die diese positive Wahrnehmung hinterfragen. Anlässe gab und gibt es genug: Jährliche Todesfälle an den EU-Außengrenzen in vierstelliger Höhe und die Pläne zum Aufbau einer EU-Armee lassen Zweifel an den Werten Frieden und Freiheit aufkommen. Eine strenge Sparpolitik in südlichen Euroländern und die zentrale Stellung der ökonomischen Grundfreiheiten in den europäischen Verträgen scheinen jenen recht zu geben, die die EU für ein Projekt der wirtschaftlichen Eliten halten, das den „kleinen Leuten“ aber nicht viel zu bieten hat. Und wie demokratisch ist eine EU, deren Parlament wenig zu sagen hat, die aber 2015 nach dem Referendum über das Sparprogramm so sehr in die griechische Innenpolitik eingriff, dass viele von einem Putsch sprachen?

Wir wollen mit unseren Gästen diskutieren: Sind diese Kritikpunkte angebracht oder vielmehr Teil einer postfaktischen Diffamierung der EU? Und wenn sie zutreffen, sind sie nur einzelne Nebenerscheinungen eines strahlenden Erfolgsprojektes, die durch einige demokratische und soziale Reformen beseitigt werden können? Oder geben sie Anlass, das Projekt „Europäische Union“ als Ganzes oder jedenfalls einen weitergehenden Ausbau, der seit der Wahl von Donald Trump verstärkt diskutiert wird, infrage zu stellen?

Unsere Gäste:

Prof. Dr. Markus Kotzur, LL.M. (Duke Univ.)
Universität Hamburg, Lehrstuhl für Europa- und Völkerrecht

Prof. Dr. Andreas Fisahn
Universität Bielefeld, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Umwelt- und Technikrecht und Rechtstheorie

25. Januar, 18:15 Uhr, Universität Hamburg, Fakultät für Rechtswissenschaft – Hörsaal, Rothenbaumchaussee 33, 20148 Hamburg